Harztour 1995
Der 1. Tag (28. August 1995)
Treffen am Hildesheimer Hauptbahnhof. Von dort geht es erst mal weiter zu ‘Raer’, damit Lars sich Spanngurte für seine Gepäcktaschen zulegen kann.
Als das erledigt war, ging es dann richtig los. Zuerst aus Hildesheim raus und dann an der Bundesstraße 6 entlang in Richtung Harz. Unsere erste Pause machten wir in Heersum, wo der Regen kurzfristig immer schlimmer wurde. Nach einer kurzen Pause ging es weiter in Richtung Holle, wo Lars an der Esso-Tankstelle seinen Reifendruck prüfte. Dann weiter in Richtung Silium, von wo aus es nach einem Rat eines Kollegen in Richtung ‘Jägerstübchen’ bergauf ging. Von dort ging es nach einer Pause über Kunigunde weiter nach Goslar. In Goslar angekommen, wurde noch die letzte Steigung zur Jugendherberge gemeistert, die an einem Berg über Goslar liegt. Auf dem Weg zur Jugendherberge bewältigten wir das Einbahnstraßensystem der Goslarer Innenstadt, indem wir jede Einbahnstraße gegen die Fahrtrichtung fuhren. Nach dem Duschen ging es in die Stadt zum Essen. Nachdem Lars versuchte seine Eltern zu informieren, gingen wir zum Italiener essen. Nach dem Essen und einem abschließenden Schlummertrunk in einem Bistro ging es im Stockdunklen den Berg wieder hinauf, um ins Bett zu gelangen. Unser Zimmer teilten wir uns mit einem fanatischen Fußballfan von Hannover 96, der mit dem Fahrrad unterwegs zu einem Punktspiel in Leipzig war, und einem Amerikaner, der mit seiner Freundin im Auto unterwegs war.
Der 2. Tag (29. August 1995)
Um 07:45 Uhr sind wir aufgestanden. Eine beachtliche Leistung nach der Tour vom Vortage. Das anschließende Frühstück war dann nicht so angenehm, da der Frühstücksraum voller grölender Schulkinder war. Wir suchten uns dann einen anderen, stilleren Raum – und fanden den Fernsehraum, wo wir dann in Ruhe unser Frühstück zu uns nahmen.
Um 09:00 Uhr hatten wir dann unsere Räder wieder gepackt und es sollte weiter gehen. Pünktlich zur Abfahrt begann es wieder zu regnen. Erstmal ging es zum Bahnhof um uns über unsere Rückfahrt zu informieren. Nach der Umstellung unserer Fahrtroute, wollten wir mit dem Zug ab Northeim zurück. Um eine adäquate Anbindung nach Hannover oder Hildesheim zu erhalten, mussten wir die Abfahrtszeiten ab Northeim erhalten. Nachdem dies erledigt war, ging es weiter in den Harz hinein. Zuerst zum Granestausee.
Am östlichen Ufer ging es bis zum Granebach. Diesem folgten wir dann bis Hahnenklee. Kurz vor Hahnenklee schwenkte der Radweg nach rechts ab und wir beschlossen den direkten Weg geradeaus nach Hahne nklee zu nehmen. Bei diesem Weg handelte es sich allerdings um einen Wanderweg, der eine Steigung von bis zu 30 % hatte, die wir dann nur noch schiebend zurücklegen konnten. Nach dem letzten Absatz standen wir dann mit einmal am Ortsrand von Hahnenklee. In Hahnenklee suchten wir dann erstmal ein Fahrradgeschäft, da mein Schaltwerk defekt war. Dieses war aber nicht zu finden. Lediglich in einem Hotel mit Fahrradverleih gab man uns den Tipp es in Clausthal-Zellerfeld zu versuchen. Also auf nach Clausthal-Zellerfeld. Wir wählten die Strecke über das ‘Spiegeltaler Zechenhaus’. Von Hahnenklee aus ging es dorthin erstmal hauptsächlich bergab. Das war ganz angenehm, besonders da es auf die Mittagszeit zuging. Kurz vor Erreichen des Gasthauses verlassen wir die asphaltierte Fahrbahn und wählen einen Trampelpfad bergab, da wir wieder einmal Probleme hatten, die Karte genau zu lesen und dachten die Strecke geht wieder bergauf. Nach circa 500 Metern Geländetour waren wir am Gasthaus. Nach einem kurzen Mittagssnack, bestehend aus Suppe und Bier, ging es weiter. Die Strecke nach in Clausthal-Zellerfeld erwies sich für mich als reine Tortur. Es ging konstant bergauf. In Clausthal-Zellerfeld angekommen, suchten wir zuerst ein Fahrradgeschäft. Da dieses Mittagspause hatte, fuhren wir weiter zur Jugendherberge, um uns unser Zimmer zu reservieren. Dort angekommen, erfuhren wir, dass die Jugendherberge ausgebucht sei. Die nächste fand sich in Altenau. Ich rief daraufhin in Altenau und reservierte telefonisch ein Zimmer für uns. Danach ging es dann zurück zum Fahrradgeschäft. Wir gaben mein Fahrrad in Auftrag und gingen während der Reparatur in eine Eisdiele am Marktplatz. Als die Zeit zum Abholen des Rades gekommen war, begann es in Strömen zu regnen. Nein, regnen wäre der falsche Ausdruck. Der Himmel öffnete seine Pforten und ließ alles Wasser heraus was er hatte. Als es aufgehört hatte, ging es dann in Richtung Altenau. Durch den Angestellten im Fahrradgeschäft wurde uns ein Weg empfohlen, der parallel zur Landstraße verlief. Der Weg begann an der Jugendherberge und endete am ehemaligen Bahnhof von Altenau. Die Strecke dazwischen war eine planierte Schotterstrecke, die auf dem ehemaligen Bahndamm entlang lief.
Die ganze Strecke war leicht abschüssig, was uns sehr entgegen kam. Zudem hatte es aufgehört zu regnen und die Sonne begann zu scheinen. Einziger Wermutstropfen war die kalte Luft, die dafür sorgte, dass Hände und Füße langsam kalt wurden. In Altenau angekommen, hatten wir erstmals herrliches Wetter. Der einzige Nachteil war, dass die Jugendherberge wieder einmal über allen Gebäuden des Ortes lag. Sie liegt circa 580 Meter hoch, wohingegen Altenau selbst circa 460 Meter hoch liegt. Die Herbergseltern gaben uns ein Zimmer, das vermutlich nur durch uns belegt werden würde, damit wir zwischen all den Schulklassen unsere Ruhe hatten. Und tatsächlich, so kam es dann auch. Es stellte sich kein weiterer Besuch ein, so dass wir ein Einzelzimmer hatten. Abends sind wir dann nach unten in den Ort zum Essen gegangen. Wir schauten uns mehrere Lokale an und entscheiden uns dann für eine Gaststätte, in der wir köstliche Fleischgerichte zu uns nahmen. Lars verspeiste ein Steak und ich aß eine Grillpfanne. Danach genehmigten wir uns noch einige Bier, vorzugsweise Hefeweizen. Nach dem Gaststättenaufenthalt musste Lars dann noch, wie eigentlich immer, telefonieren. Wir befanden uns zu diesem Zeitpunkt schon leicht bergauf auf dem Weg zur Jugendherberge, und zwar kurz hinter der Kirche, als es Lars einfiel. Er ging in den Ort zurück. Ich weigerte mich standhaft und wartete dort auf seine Rückkehr. In der Wartezeit genoss ich den Ausblick auf den Ortskern von Altenau. In der Jugendherberge angekommen, betrachteten wir noch kurz die örtliche Dorfjugend, die zusammen mit den Schulkindern eine Disco veranstaltete. Danach ging es ins Bett.
3. Tag ( 30. August 1995)
Morgens ging es wieder früh los. Diesmal waren wir beim Frühstück die einzigen älteren Teilnehmer, mal abgesehen von den Lehrkräften der Schulklassen. Nachdem wir uns gestärkt hatten und zusammen mit dem Sohn der Herbergseltern die Schaltung meines Rades nachgestellt hatten, ging es dann los. Zuvor hatten wir noch, Erfahrung macht klug, in Hohegeiß angerufen und ein Zimmer für die nächste Nacht reserviert. Dies stellte sich diesmal gewissermaßen als überflüssig heraus, da Hohegeiß auch voll belegt war und uns lediglich zwei Notbetten in einem Schlafsaal für 16 (sechzehn!) Personen anbieten konnte. Auch wenn uns dies nicht unbedingt gefiel, kündigten wir unser Erscheinen für den heutigen Abend erst einmal an, damit wir wenigstens eine Unterkunft hatten. Dies war insbesondere deshalb von Bedeutung, da wir uns für den heutigen Tag vorgenommen hatten zum Torfhaus zu fahren. Um dorthin zu gelangen, ging es erst bergab. Durch Altenau hindurch bis zum Okerstausee. Dort angekommen begann die erste Reparatur an Lars seinem Rad. Das Schutzblech scheuerte auf der Lauffläche seines Hinterrades. Um dies abzustellen wurde eine abenteuerliche Konstruktion aus Spanngurten hergestellt, die wenigstens das Malheur teilweise beseitigte. Es ging dann weiter am östlichen Ufer des Okerstausees entlang bis zu einem weg, der parallel zum Bach Kalbe verlief. Dieser Weg wurde mein persönlicher Feind. Er führte circa 6 Kilometer mit wechselnden Steigungsprofilen konstant bergan. Zweimal mussten wir auf mein Geheiß hin eine Pause einlegen und auch zeitweise schieben, da ich total ausgepumpt war. Als wir dann auf die Bundesstraße 4 trafen, die von Bad Harzburg zum Torfhaus führt, stellte sich schon kurzfristige Erleichterung bei mir ein. Als ich dann jedoch sah, wie es weiterging, war auch dieser kurze Lichtblick dahin. In einem weiten Bogen führte der Weg unterhalb des Torhauses dahin. Zudem wechselte der Belag von Asphalt auf Schotter, so dass das Vorankommen immer schwieriger wurde. Der krönende Abschluss war dann der Weg, der uns dann endgültig zum Torhaus hinauf führen sollte. Hierbei handelte es sich um die Skipiste, auf der im Winter Alpin-Ski gefahren werden kann. Das war es dann für mich. Von dort, bis kurz vor den Parkplatz, schob ich mein Rad. Erst als ich den Parkplatz erreicht hatte, fuhr ich wieder Fahrrad. Lars zog eisenhart bis zum Ende an den Souvenierhäuschen durch.Von dort genossen wir den mäßigen, weil bedeckten Ausblick auf den Brocken.
Nach einer kurzen Rast, die wir wirklich kurz hielten, da es ausgesprochen kalt war, fuhren wir weiter in Richtung Braunlage. Zuerst führte uns unsere Route weiter über die Bundesstraße 4. Da dort allerdings kein Radweg, dafür aber viel Fahrzeugverkehr herrscht, bogen wir bei der ersten Gelegenheit in Richtung ehemalige Zonengrenze ab. Parallel zu dieser verlief ein Radweg, der uns direkt nach Braunlage bringen sollte. Anfangs führte dieser Weg leicht bergan. Dies änderte sich jedoch. Aus einer leicht abschüssigen Strecke mit Schotteruntergrund wurde eine herrliche asphaltierte Abfahrt. Gerade als wir so richtig in Schwung gekommen waren, vernahm ich hinter mir ein Rufen. Es war Lars. Dieser wollte mir verständlich machen, dass wir anhalten müssten. Als wir standen tat er mir kund, dass er einen Plattfuß an seinem Hinterrad habe.
Die Reparatur dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Danach ging es weiter bergab. Wir erreichten schon eine ganz gute Geschwindigkeit auf dem Untergrund. Einziger Nachteil war kurz vor dem Ende der Strecke ein Fußgänger, der sein Fahrrad, mit dem er seinen Hund Gassi führte, quer über den Radweg stellte. Augenscheinlich tat er dies, da ihm unsere Geschwindigkeit zu hoch war. Es gelang ihm auch uns zu verlangsamen. Allerdings nur unter wüsten Beschimpfungen unsererseits. Im Ortskern von Braunlage angekommen, besprachen wir kurzfristig die weitere Route. Der Weg nach Hohegeiß war mir aus der Zeit meiner Polizeiausbildung noch gut in Erinnerung und ich wusste, dass es mehr bergauf als bergab geht. Zudem sprach die Unterbringung gegen einen Aufenthalt in Hohegeiß. Kurz entschlossen setzten wir uns mit der Jugendherberge in Bad Sachsa in Verbindung. Diese hatte auch noch Unterbringungsmöglichkeiten für uns.Nach einer kurzen Pause an einem Supermarkt ging es dann in Richtung Bad Sachsa weiter. Zuerst, wie eigentlich ständig, bergan. Nachdem wir die Ortschaft Braunlage hinter uns gelassen hatten, endete die Straße abrupt. Wir mußten uns durch eine Baustelle kämpfen, um wieder auf die Landstraße zu gelangen. Nach diesem kurzen Off-Road-Kapitel ging es nur noch leicht bergan. Und dann, ab dem Nullpunkt, ging es stetig bergab. Es war wohl die schönste Abfahrt während der gesamten Tour. Die Sonne schien und die Luft hatte sich schon erwärmt. Über Wieda ging es bis kurz vor Bad Sachsa. Dort bogen wir von der Landstraße ab und fuhren die letzten Kilometer durch den Wald. In Bad Sachsa angekommen, wie sollte es auch anders sein, fand sich die Jugendherberge auf einem Berg. Auf einer Strecke von ungefähr 200 Metern quälten wir uns circa 80 Höhenmeter hoch. Kurz nach 15:00 Uhr hatten wir die Jugendherberge erreicht. Zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass erst wieder ab 17:00 Uhr eine Anmeldung für Zimmer erfolgen konnte. Wir mussten uns also knapp 2 Stunden um die Ohren schlagen. Die Zeit nutzten wir für ein keines Sonnenbad an der Rückseite der Jugendherberge. Nachdem wir dann gegen 17:00 Uhr ein Zimmer erhalten hatten, setzten wir uns in Richtung Ortskern ab. Wir begutachteten mehrere Restaurants, um uns dann für eines zum Abendessen zu entscheiden. Danach ging es dann zur Jugendherberge zurück, wo wir recht früh schlafen gingen.
Der 4. Tag (31. August 1995)
Am Morgen war das Wetter noch recht durchwachsen. Mal ein wenig Sonnenschein, mal stark bewölkt. Nach dem Frühstück ging es erst mal in Richtung neue Bundesländer. Wir hatten uns am Abend zuvor vorgenommen nach Duderstadt zu fahren und dort Station bei meiner Oma zu machen. Da die bloße Fahrt nach Duderstadt recht eintönig erschien und auch noch recht kurz war, beschlossen wir einen Umweg über Bleicherode und Worbis zu fahren. Um die Strecke zu fahren, nutzen wir mäßig befahrene Land- und Kreisstraßen. Es war eine äußerst angenehme Tour, da es mal leicht bergan ging, unmittelbar darauf aber auch wieder bergab. Zudem gab es auch einige flache Passagen auf der Strecke. Erst hinter Obersachswerfen wechselte kurzfristig das Streckenprofil. Hier ging es etwas steiler bergan. Dafür aber auch umso steiler bergab. Krönung des Ganzen war die Abfahrt zur Kreuzung mit der Bundesstraße 243. Man bekam ganz schön Geschwindigkeit drauf und musste diese genau abpassen, damit man den Querverkehr der B 243 ideal passieren konnte. Dies war erforderlich, da sich an die Abfahrt und die Kreuzung gleich wieder eine Steigung in Richtung Haferungen anschloss. Nach Haferungen ging es erstmals wieder durch Forstgebiete. Zwar immer noch auf der Kreisstraße, jetzt doch aber recht idyllisch. Leichte Steigungen und Gefälle wechselten miteinander. Als wir uns dann langsam fragten, wann wir Bleicherode erreichen würden, passierten wir eine Steigung und hatten einen ‘herrlichen’ Blick auf die Vororte der Stadt. Das erste was wir sahen, war eine Abbauhalde des örtlichen Tagebaus, gepaart mit den obligatorischen Wohnhäusern der Arbeiter. Zudem hing überall der übliche Braunkohlegeruch in der Luft, so dass sich Bleicherode für uns als nicht sehenswert herausstellte und wir beschlossen, so schnell als möglich weiter zu fahren. Um jedoch unserem Hunger Rechnung zu tragen, hielten wir kurz an einer Tankstelle und versorgten uns mit den nötigen Grundnahrungsmitteln – Caraza, Snickers, Mars und Cola. Da sich das Wetter zusehends verschlechterte und langsam unangenehmer Wind aufkam, beschlossen wir zügig in Richtung Worbis weiter zu fahren. Durch die Bleicheroder Berge und das Ohmgebirge ging es weiter. In Buhla hielten wir noch kurz an einer Telefonzelle, um abzuklären, ob meine Oma mittlerweile zu Hause war. Außerdem machten wir nochmals eine kleine pause, da das ständige fahren mit Gegenwind doch an unseren Kraftreserven zehrte. Es ging dann langsam weiter. Wir beschlossen nicht übermäßig schnell zu fahren, was mir übrigens sehr entgegenkam, Zudem machten wir noch ausgiebig pausen. Unter anderem kurz vor der Ortschaft Haynrode, wo wir den Ausblick auf die Beicheroder Berge und die Hasenburg genossen. Danach kam die letzte bedeutende Steigung, hinauf nach Kaltohmfeld. Mittlerweile hatte mein Schaltwerk gänzlich seinen Geist aufgegeben. Es schaltete wahllos zwischen den Gängen hin und her. Zudem stellte Lars während des Aufstieges fest, dass sich mein Ritzelpaket gelöst hatte. Wir hielten kurz an, um eine notdürftige Reparatur vorzunehmen. Hierbei kam es dann noch zu einem kurzen und unrühmlichen Aufeinandertreffen mit einem Opel-Fahrer, mit dem ich Streit gesucht hatte. Wohl auch um meinen Frust um die defekte Schaltung abzulassen. Nachdem wir die Steigung mehr recht als schlecht hinter uns gebracht hatten, begutachteten wir in Kaltohmfeld noch einmal ausgiebig das Ritzelpaket und beschlossen in Worbis ein Fahrradgeschäft aufzusuchen, um den Schaden reparieren zu lassen. Dies erledigte sich jedoch auf der anschließenden Abfahrt in Richtung Worbis. Wir machten so richtig Dampf und traten auch noch in die Pedale, obwohl wir schon gut rollten. Hierbei zog sich das Ritzelpaket wohl wider fest und lief wieder rund, so dass ich beschloss bis Duderstadt damit zu fahren. Bei der Einfahrt in den Ort Kirchohmfeld, kurz vor Worbis gelegen, erlebten wir dann fast eine böse Überraschung. Wir hatten wohl gut 50 km/h drauf, als der Straßenbelag von Asphalt auf leicht feuchtes Kopfsteinpflaster wechselte. Glücklicherweise konnten wir unsere Geschwindigkeit langsam verringern und mußten nicht abrupt bremsen. Nach der Ortschaft ging es dann auf normalen Asphalt weiter. Durch Worbis hindurch war es immer noch abschüssig, so dass wir zügig voran kamen. Auch als es auf die Bundesstraße 247 ging, übrigens die einzige vielbefahrene Straße, die wir nutzten, ging es leicht abschüssig voran. Nach Ferna bogen wir wieder auf eine Nebenstraße ab. Mittlerweile hatte sich das Wetter zusehends verschlechtert. Eine Gewitterfront zeigte sich düster über Duderstadt und zog langsam in unsere Richtung.
Da wir nicht vorhatten nass zu werden, beschlossen wir die letzten Kilometer in Richtung Duderstadt schnell zurückzulegen. Wir passierten den ehemaligen Grenzübergang und nutzten von dort aus wiederum eine ehemalige Bahnstrecke, die mittlerweile als Radweg in Richtung Duderstadt ausgebaut war. Zu Beginn unserer Fahrt auf diesem Bahndamm machten wir noch eine kurze Rast um eine Foto zu schießen und damit ich eine Zigarette rauchen konnte. Nun ging es zügig weiter. Bis Duderstadt holte uns das Gewitter nicht ein. Zuerst fuhren wir die Adresse meiner Oma an. Dort erfuhren wir über eine Nachbarin, dass meine Oma auf einer Kegeltour wäre und erst am Sonntag zurück käme. Wir hinterließen eine Nachricht und fuhren zur Jugendherberge, um ein Zimmer zu erhalten. Für dieses Einrichtung des Jugendherbergswerkes ist der Begriff Jugendgästehaus, wie die Einrichtung offiziell heißt, jedoch falsch gewählt. Unser Zimmer war besser als in manchem Hotel. Wir erhielten zwei Zimmer, die separat verschließbar waren, mit einem eigenständigen Badezimmer. In den Zimmern standen jeweils zwei Betten, so dass wir beschlossen, uns ein Zimmer zu teilen. Nachdem wir ausgiebig geduscht hatten, gingen wir zu Fuß in die Stadt. Wir beschlossen abends ausgiebig im ‘Belgrad’ zu speisen, das wir noch von der Geburtstagsfeier meiner Oma kannten. Hierzu kam es jedoch nicht, da Lars sich durch die Wahl seine Zwischenmahlzeiten, Würstchen und süßen Kuchen, den Magen verdarb und keinen Appetit mehr hatte. Da ich jedoch immer noch Hunger hatte, wurde beschlossen im Tenniscenter einzukehren und dort noch einiges zu uns zu nehmen, bevor wir in die Jugendherberge zurück gingen. Nach einigen Hefeweizen und einer Currywurst mit Pommes Frites legten wir uns in der Jugendherberge schlafen. Wir hatten uns darauf geeinigt am nächsten Morgen auszuschlafen, da die letzte Strecke nach Northeim nicht mehr so lang war.
Der 5. Tag (01. September 1995)
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit vernünftigem Kaffee und Cornflakes, ging es los in Richtung Northeim. Wir hatten unsere Fahrtroute über Westerode geplant, damit Lars noch einmal nach dem Haus seiner Urgroßmutter schauen konnte. Von dort sollte es durch die Feldmark an der Ruhme entlang weiter gehen. In Westerode hatten wir gleich mehrere Probleme. Zuerst fanden wir das Haus nicht sofort wieder. Danach fanden wir den Radweg nicht. Wir bogen gemäß Karte ab. Der Weg endete jedoch an einer Scheune. Dort fragten wir einen Bauern, wie es weiter gehe. Dieser teilte uns mit, dass wir uns verfahren hätten. Er erklärte sich bereit mit seinem 25 Km/h Traktor voran zu fahren, bis wir auf dem richtigen Weg wären. Zu meinem Entsetzen musste ich wieder einmal feststellen, dass 25 Km/h Gespanne schneller als die angegebene Geschwindigkeit fahren. Dieser fuhr so zwischen 30 und 35 Km/h, so dass ich leichte Probleme hatte ihm zu folgen. Erst auf dem Radweg angekommen, reduzierten wir unsere Geschwindigkeit. Von hier an ergaben sich dann aber andere Probleme. Wir hatten mit einmal einen bitterkalten Gegenwind, der die ganze Fahrt ziemlich unangenehm gestaltete. Am Seeburger See machten wir die erste ausgiebige Pause. Wir stellten uns windgeschützt bei Strohballen auf und genossen den Ausblick auf den See. Danach ging es nach Ebergötzen weiter. In Ebergötzen fuhren wir erst in die falsche Richtung weiter. In einer Gaststätte fragte ich nach dem Weg und erhielt die für mich unbefriedigende Antwort, dass wir wieder zurück müssten. Zwischenzeitlich zog sich Lars wärmere Kleidung an, da es nicht so aussah, als würde der Wind nachlassen. Zu unserer Überraschung entdeckte Lars gegenüber der Gaststätte das Max & Moritz Haus. Ein Haus, in dem Wilhelm Busch mal gewohnt hatte. Über mehrere kleine Ortschaften ging es dann weiter bis Bilshausen. Von dort aus sollte ein Feldweg direkt an der Rhume entlang bis Lindau. Diesen fanden wir jedoch erst, nachdem wir uns im Ort durchgefragt hatten. Und auch dann hatten wir noch Probleme den richtigen zu finden. Wir fuhren erst einen Feldweg hinein und nach einigen hundert Metern beschlossen wir, dass dies nicht der richtige sein könne. Also zurück und den nächsten Weg ausprobiert. Dieser ging erst bergan und schwenkte dann in die entgegengesetzte Richtung ab. Also wieder falsch. Zurück zu dem ersten Weg und diesen weiter gefahren. Wie sich dann herausstellte, war es doch der richtige Weg. Der erste Gedanke ist doch immer der richtige. In Lindau angekommen, machten wir an einem Leinemann-Imbiß eine Mittagspause. Als wir uns wieder auf unsere Fahrräder setzten, begann es gerade leicht zu regnen. Dies änderte sich hinter Katlenburg. Dort wurde der Regen noch stärker. In Hammenstedt, dem Ort meiner Kindheit, machten wir dann eine kurze Pause an unserem alten Bauernhof und hofften, dass der Regen nachlassen würde.
Dies tat er dann auch kurzfristig, so dass wir beschlossen nach Northeim weiter zu fahren. Doch kaum waren wir auf dem Radweg an der Bundesstraße ging es wieder richtig los. In Northeim angekommen, waren wir dann klitschnass. Lars fragte nach dem Weg zur Jugendherberge und erhielt als Antwort, dass die Jugendherberge doch abgebrannt sei. Dies steigerte unsere Stimmung nicht gerade. Wir suchten sie trotzdem auf. Der Anblick, der sich uns bot, war nicht gerade vertrauenerweckend. Der rechte Teil des Gebäudes war mit einem Gerüst versehen und tatsächlich ausgebrannt. Wir hatten jedoch Glück und erhielten ein Zimmer unter dem Dach des Hauptgebäudes. Augenscheinlich hatten wir das Dachgeschoß ganz für uns allein. Zudem erhielten wir in dieser Jugendherberge wieder einen Schlüssel, damit wir nicht an die Nachtzeiten gebunden wären. Nach einer kurzen Dusche gingen wir zum Bahnhof, um uns nach einer Zugverbindung in Richtung Hildesheim zu erkundigen. Wir mussten allerdings eine Zugverbindung um 07:25 Uhr wählen, da das Wochenendticket noch galt und Hannover verkaufsoffener Samstag war und spätere Zugverbindungen für Reisende mit Fahrrädern schon ausgebucht waren. Wir gingen daraufhin zur Jugendherberge zurück und klärten die Formalitäten, die mit dem frühen Verlassen der Jugendherberge verbunden waren. Danach gingen wir erstmal auf unser Zimmer und machten es uns gemütlich. Wir hängten unsere Sachen zum Trocknen auf und genehmigten uns ein Bier. Wir gingen zu einem späteren Zeitpunkt in einem Northeimer Lokal gutbürgerlich Essen. Nach dem Essen blieben wir noch einige Zeit sitzen und tranken ein paar Bier. Während dieser Zeit setzte sich die Bedienung zu uns und tischte uns die Geschichten aus seiner Jugend auf. Nach diesem Gaststättenaufenthalt ging es zurück in die Jugendherberge und ab ins Bett, um für das frühe Aufstehen gerüstet zu sein.
Der 6. Tag (02. September 1995)
Um 06:15 Uhr sind wir aufgestanden. Auf Duschen verzichteten wir und ein Frühstück, bestehend aus Kuchen und Cola, kauften wir uns in der Fußgängerzone auf dem Weg zum Bahnhof. Als wir dort gegen 07:00 Uhr ankamen, ging ich erst einmal die Fahrkarten kaufen. Dort erklärte man mir, dass die Auskunft vom Vortage nicht zutreffend sei. Unsere Chancen in diesem Zug mitzukommen, seien äußerst gering, da er meist überfüllt sei und Radfahrer dann nicht mitgenommen werden. Trotzdem könne ich erstmal die Karten kaufen und dann mit dem Schaffner des Zuges sprechen, der entscheiden würde, ob er uns mitnehme. Die Karten könne ich im Fall einer negativen Antwort wieder umtauschen. Auf dem Bahnsteig erzählte ich Lars davon. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass der Zug voll werden würde, da er lediglich aus Göttingen komme und auf dem Bahnsteig noch nicht viele Personen standen. Eine Viertelstunde später sah das Ganze schon anders aus. Der Bahnsteig hatte sich zusehends gefüllt und uns blieb nichts anderes übrig als abzuwarten und mehrere düstere Szenerien zu malen, was wir tun würden, wenn wir nicht mitkämen. Kurz vor der Ankunft des Zuges wurde unsere Mitnahme immer unwahrscheinlicher, da der Bahnsteig nun voll war. Als der Zug eingefahren war, fuhren wir zum Schaffner. Dieser beantwortete unsere Frage erst mit einem Nein, sagte dann aber, dass wir uns den letzten Wagen stellen könnten. Gleichzeitig sagte er aber auch, daß wir aussteigen müssten, wenn sich der Zug zu stark füllen würde. So fuhren wir von Station zu Station mit der Hoffnung, dass nicht allzu viele Personen zusteigen. Zu unserem Glück ging es auch gut. In Banteln trafen wir dann unerwartete Bekannte. Einige Spieler der Bantelner Volleyball-Herrenmannschaft stiegen, verkleidet als HSV-Fans in den Zug ein, um zu einem Punktspiel des HSV zu fahren.
In Nordstemmen stieg Lars dann aus und fuhr von dort aus allein nach Hause weiter. Ich nutzte es aus, daß der Zug bis Hannover fuhr und sich dadurch meine Heimfahrt extrem kurz gestaltete. In Hannover angekommen, brauchte ich nur noch die 2 Kilometer vom Bahnhof zur Redenstraße zurückzulegen. Dort kam ich dann gegen 10:00 Uhr morgens an. Pünktlich, um noch mit Ellen zu frühstücken.
Nachdem wir zurückgekehrt waren, blieb uns nur noch übrig, die Fotos anzuschauen und über die nächste Tour zu reden. Vielleicht können wir ja noch ein paar andere Personen überreden sich uns anzuschließen. Mal sehen. Eines steht auf jeden Fall jetzt schon fest. Das nächste Mal geht’s dahin, wo das Wetter besser ist. Also vermutlich in den Süden. Aber auch davon werden wir auf jeden Fall berichten.
Datentabelle
Datum | km | Fahrzeit | AVS | V-Max |
Mo., 28.08.95 | 54,99 | 03:45:00 | 16,6 | 52,6 |
Di., 29.08.95 | 46,05 | 03:23:04 | 13,26 | 45,1 |
Mi., 30.08.95 | 50,71 | 02:57:49 | 14,43 | 61,8 |
Do., 31.08.95 | 60,88 | 03:25:55 | 17,64 | 50,4 |
Fr., 01.09.95 | 47,1 | 02:46:57 | 16,8 | 42,4 |
Gesamt | 163,41 | 09:02:23 |