Mit dem Fahrrad am Balaton (1996)
Anfängliche Turbulenzen
Diese Fahrradtour beginnt eigentlich schon auf der letzten Fahrradtour durch den Harz. Lars und ich litten damals unter dem äußerst schlechten Wetter und wünschten uns zusehends bei Sonnenschein zu fahren. Aus diesem Grund beschlossen wir, die nächste Fahrt auf jeden Fall in südlicheren Gefilden zu unternehmen.
Unsere erste Wahl fiel auf Südfrankreich. Nach ersten Kontaktgesprächen mit einem Arbeitskollegen, der dort einen Wohnwagen vermietet, schien schon alles klar. Doch im August schwenkten wir dann auf Ungarn um, da ich die Zusage für den Wohnwagen immer noch nicht erhalten hatte und Frankreich auch ausgesprochen teuer ist.
Die Planung war bis Mitte August soweit fortgeschritten, dass wir beschlossen hatten, mit dem Ford Sierra nach Ungarn zu fahren, dort ein Ferienzimmer zu nehmen und dann mit den Rädern den Balaton zu umfahren. Richtig los ging es dann erst zwei Wochen vor dem eigentlichen Start der Tour. Der genaue Anfangstermin stand zu diesem Zeitpunkt nur vage fest. Eigentlich hatten wir beabsichtigt erst Mitte September zu fahren. Da Lars seine Klausurtermine aber immer weiter nach vorne gerutscht sind, bewegte sich unser Termin auch weiter nach vorne – bis zum Montag, den 03.09.1996. Dieser Termin fand sich in Gesprächen Mitte August.
Danach ging dann alles Schlag auf Schlag. Am Dienstag, dem 27.08.1996, gegen 12:00 Uhr, bin ich mit meinem Mountainbike zur HUK-Coburg Versicherung gefahren, um die letzten Unterlagen für den Fahrraddiebstahl meines letzten Rades abzugeben. Während ich mich für circa 10 Minuten im Versicherungsgebäude aufhielt, wurde mein Fahrrad, das an einem Baumschutzgitter im Sichtbereich des Pförtners angeschlossen war, entwendet. Meine Verblüffung war groß, als ich aus dem Versicherungsgebäude kam und das Fahrrad weg war. Lediglich die Schleifspuren meines Reifenprofils waren noch im weichen Boden zu sehen. Von meinem Fahrrad war weit und breit keine Spur zu sehen. Ich befragte dann noch kurz die anwesenden Personen, sowie den Pförtner, die aber alle nichts gesehen hatten. So zog ich dann unverrichteter Dinge ab. Auf dem gesamten Weg zum Hauptbahnhof, wo ich nun notgedrungen den Bus benutzen musste, trauerte ich meinem Fahrrad nach und beobachtete jeden argwöhnisch, der mir mit einem Mountainbike entgegen kam. Besonders bitter war dieser Umstand des Fahrraddiebstahles ja, weil wir 1½ Wochen später unsere Tour machen wollten und weil ich nun hierfür, im Gegensatz zu der Harztour vom letzten Jahr, ein gleichwertiges Fahrrad gegenüber Lars hatte. Zu Hause angekommen, sammelte ich meine Unterlagen zusammen und ging zum Polizeikommissariat Südstadt, um meine Diebstahlsanzeige zu erstatten. Nachdem dies erledigt war, rief ich bei Holger’s in Hildesheim an, um ein neues Giant Terrago zu ordern. Zu meinem Bedauern musste ich hören, dass das Fahrrad nicht mehr vorhanden war. Ich klapperte daraufhin alle adäquaten Fahrradgeschäfte ab, um ein vergleichbares Fahrrad zu erwerben. Ich fand jedoch nichts geeignetes, bis ich am Mittwoch zu Holger’s fuhr. Dort machte man mir ein gutes Angebot für ein Fahrrad von Focus mit Federgabel und Shimano STX RC – Schaltung. Noch schnell das Zubehör ausgehandelt, dann griff ich kurz entschlossen zu und machte aus, dass ich das Fahrrad am nächsten Tag abholen würde. So geschah es dann auch. Zusammen mit Lars holte ich es ab und machte eine kurze Einführungsfahrt von Sorsum nach Himmelsthür und zurück, um zu sehen, wie es läuft.
Nun schien alles in bester Ordnung zu sein. Ein letztes Treffen mit Lars am Freitag, um die Einzelheiten zu besprechen und dann war alles klar. Am Montag sollte es dann gegen 22:00 Uhr in Sorsum losgehen. Letzte Panik kam dann noch einmal am Montag auf, nachdem Lars versucht hatte ungarische Forint zu erwerben. Man hatte ihm mitgeteilt, dass man bei der Einreise nach Ungarn für jeden Tag Aufenthalt einen 1000 Forint mitführen müsse, diese aber nirgends zu erlangen seien. Ich rief daraufhin beim ADAC an und klärte dies auf. Es handelte sich um eine Fehlinformation. Man musste lediglich einmalig 1000 Forint (oder einen entsprechenden Gegenwert in anderer Währung) mitführen, um die Autobahngebühr entrichten zu können. Nun stand der Fahrt nichts mehr im Wege, da schon ja im Vorfeld das Problem mit Lars Reisepass geklärt war, der natürlich abgelaufen war. Wir haben dann festgestellt, dass man in Ungarn auch mit gültigem Personalausweis einreisen darf.
Die Anfahrt
Wie abgesprochen ging es dann los. Nachdem ich am Montag noch gearbeitet hatte, kaufte ich noch schnell das nötigste für die Fahrt ein und packte dann endgültig meine Sachen. Elli, die wie montags üblich beim Reiten gewesen war, hatte uns zum Abendessen Pizzen vom Bella Italia mitgebracht. Nach dem Essen noch eine kurze Ruhepause und dann ging es für mich gegen 21:00 Uhr los. Ich packte meine Taschen ins Auto und baute dann den Fahrradträger auf. Zuletzt kam dann das Fahrrad selbst drauf und los ging es dann um 21:20 Uhr. Um 21:53 Uhr kam ich dann bei Lars an. Lars sein Gepäck wurde zugeladen. Und noch einige weitere Dinge, die wir kurzfristig für nötig hielten. Während wir Lars sein Fahrrad aufmontierten, gab Lars Vater noch den Kommentar ab, dass er ja die Fahrräder in das große Auto gepackt hätte, aber Entschluss ist Entschluss und wir hatten uns nun einmal entschlossen die Fahrräder auf dem Fahrzeugdach zu transportieren.
Obwohl wir, ehrlich gesagt, während unseres Aufenthaltes in Ungarn oftmals überlegten, ob wir sie nicht auf der Rückfahrt im Kombi transportieren wollen. Als alles eingepackt und noch schnell zwei Tassen Cappuccino, die uns durch Lars Mutter zubereitet worden waren, getrunken waren, ging es dann in Sorsum um 22:30 Uhr los in Richtung Urlaub. Nach einem letzten Tankstopp in Hildesheim ging es über die A7 in Richtung Süden. Unsere erste Pause machten wir auf einer Raststätte nach Fulda. Danach häuften sich die Pausen etwas, da wir dem Kaffeekonsum Tribut zollen mussten. Die großzügige Pausenregelung erwies sich aber auch als günstig, da uns dadurch die Müdigkeit nicht so schnell ereilte. Ansonsten quatschten wir während der Fahrt über Gott und die Welt. Ehrlicherweise muss man gestehen, dass auch viel Blödsinn dabei war.
Richtig wach wurden wir dann noch einmal kurz vor Nittendorf. Nittendorf liegt an der A3 hinter Nürnberg. Auf die A3 sind wir nach Würzburg eingebogen. So gegen 04:30 Uhr morgens trafen wir in Höhe Kilometer 478,5 auf einen Verkehrsunfall mit einem umgestürzten Lkw. Lars stieg sofort aus, um zu helfen. Ich stellte unser Fahrzeug auf dem Seitenstreifen ab, nahm dann meine Taschenlampe und eilte auch zur Unfallstelle. Dort waren schon mehrere Helfer vor Ort. Hauptsächlich andere Lkw-Fahrer, die ebenfalls auf der A3 in Richtung Österreich unterwegs waren. Der Lkw-Fahrer des verunglückten Fahrzeuges war eingeklemmt, aber ansprechbar. Im zugänglichen Körperteil wies er keine ernsthaften Verletzungen auf, so dass erste Hilfe nicht von Not war. Während wir dort standen, an dem auf der Mittelleitplanke liegenden Lkw, kam auf der Gegenfahrbahn eine Frau in einem Kleinwagen angerauscht. Sie nutzte die Überholspur und fuhr direkt auf das Führerhaus zu. Nur mit einer Blockierbremsung konnte sie einen Zusammenstoß vermeiden. Als sie neben dem Lkw stand, noch sichtlich perplex, schlug ihr ein Helfer aus Frust auch noch auf ’s Autodach und beschimpfte sie. Nach einer kurzen Zeit hatte sie sich dann gefasst und setzte ihre Fahrt fort. Nach einer kurzen Weile setzten auch wir unsere Fahrt fort. Wir notierten noch kurz den Kilometerstand und fuhren dann weiter nach Neutraubling an der A3, wo wir einen Tankstopp einlegten. Dann ging es dann zielstrebig in Richtung deutsch-österreichische Grenze weiter.
Nachdem wir diese passiert hatten, machten wir noch einen kurzen Stopp. Zum einen um einen Fahrerwechsel zu machen und weiterhin, um einige Eibrote zu essen, die uns Lars Mutter für die Fahrt zubereitet hatte. Die Fahrt auf der österreichischen Autobahn war recht langweilig. Mittlerweile regnete es zwischendurch immer mal wieder leicht. Wir waren aber noch guter Hoffnung, dass das Wetter in Ungarn besser sein würde. Erst kurz vor Wien sorgte ich noch einmal für richtige Aufregung. Ich wollte unbedingt Wien fotografieren, wenn wir über die Autobahn auf die Stadt zu fahren. In meiner Erinnerung führte die Autobahn einen Berghang hinunter auf Wien zu, so dass man einen herrlichen Blick auf die Stadt hatte. Leider musste ich feststellen, dass ich mich nicht mehr genau an die Streckenführung erinnern konnte, so dass ich nach jeder Steigungsfahrt der Meinung war, dass die Stelle nun kommen müsste. Tatsächlich dachte ich das so circa 5-mal, bis es tatsächlich so weit war. Zu dieser Zeit hatte die Dämmerung schon eingesetzt, so dass der Blick auf Wien nicht mehr ganz so toll war. Während der Anfahrt auf Wien hatten wir im Verkehrsfunk von einem Stau auf der Autobahn in Richtung Ungarn, und zwar Höhe Wien-Schwechat, gehört. Zuerst machten wir uns Gedanken, wie wir den Stau umfahren könnten. Ich war der Meinung, dass ich eine Umfahrung auf unserer Karte mit dem Maßstab 1:350000 gefunden hätte. Als wir dann aber an die entscheidenden Stellen zur Abfahrt kamen, fuhren wir doch vorbei, so dass uns nichts anderes übrig blieb, als durch den Stau zu fahren. Dieser erwies als nicht sonderlich groß. Nach einer kurzen Zeit ging es schon zügig weiter. Während unseres Aufenthaltes im Stau bot ich noch einem neben uns fahrenden Österreicher unsere Ritter Sport Mini ‘Traubennuss’ an, da weder Lars noch ich sie essen wollten. Der Österreicher lehnte dankend ab.
Nachdem Lars den Stau durchfahren hatte, wechselten wir nochmals den Fahrer. Das letzte Stück bis zur österreichisch-ungarischen Grenze ging flott voran. Gegen 10:15 Uhr am Morgen trafen wir dort ein. Am Info-Stand des österreichischen ADAC tauschten wir kurz Geld und informierten uns nochmals über die Einreisemodalitäten. Danach passierten wir die Grenze. Unmittelbar hinter der Grenze tankten wir gleich. Danach wollten wir ohne großen Zwischenstopp bis Siófok weiterfahren. Abgesehen natürlich von einigen Pausen, um die Blase zu erleichtern, die sich inzwischen gehäuft hatten. Das Fahren auch der ungarischen Autobahn war ganz angenehm, wenn auch recht ermüdend. Das einzige, was einen aus der Lethargie holte, war die Autobahngebühr, die entrichtet werden musste und der ständige Wechsel zwischen Regen und trockenem Wetter, der uns zu schaffen machte. Lars unkte schon immer, dass wir die ganze Zeit schlechtes Wetter hätten – wie damals im Harz. Ich warf ihm vor, nur negative Wellen zu verbreiten.
Bei Györ verließen wir die neue Autobahn und fuhren über die Landstraße in Richtung Székesfehérvár, um ab dort die Autobahn zum Balaton zu nutzen. Auf die ungarische Fahrweise hatte ich Lars schon aufmerksam gemacht. Er sah sie dann auf der Fahrt in gewagten Überholmanövern bestätigt. Selbst Lkws überholten bei Regen kurz vor Kurven oder Kuppen. Gegen 13:00 Uhr kamen wir in Siófok an. Zuerst wollten wir bei Istvan Tacasz übernachten, da Elli und ich dort schon einen Sommerurlaub verbracht hatten. Zu unserem Bedauern mussten wir allerdings feststellen, dass sie nicht da waren. Wir fragten daraufhin die Nachbarn, wo sie seien und erklärten ihnen unser Anliegen. Sie erklärten sich daraufhin bereit uns eine Ferienwohnung zu vermieten. Allerdings erst nachdem sie abgeklärt hatten, dass wir keine feste Buchung bei Istvan hatten. Für die Übernachtung zahlten wir 30.- DM. Außerdem konnten wir den Ford während unserer Radtour auf dem Grundstück stehen lassen. Zu guter Letzt war auch noch ein Getränkeshop gleich vorhanden, den die Eigentümer der Ferienwohnung betrieben. Nach einer kurzen Besichtigung der Wohnung war dann alles klar. Wir luden das Fahrzeug aus und stellten die Fahrräder erst einmal hinten auf des Grundstück. Der Ehemann der Vermieterin, der übrigens auch Istvan heißt, was übersetzt Stefan heißt, bot sich an, sie abends in die Garage zu stellen. Damit waren wir einverstanden. Auch wenn wir erst meinten, dass er uns nicht richtig verstanden hätte und die Fahrräder draußen stehen lassen würde. Die Vermieterin wies zum Abschluss dem Ford einen Parkplatz am Ende des Grundstückes zu, wo Lars in einparkte. Danach ging es hoch in unsere Wohnung.
Zuerst tranken wir erst einmal ein Bier, das wir bei der Vermieterin gekauft hatten. Danach wurde geduscht. Die Dusche war so ein Kapitel für sich. Zuerst einmal war kein Duschvorhang vorhanden, so dass man immer das Bad unter Wasser setzte. Weiterhin war der Duschkopf so niedrig angebracht, dass man ihn immer in der Hand halten musste und auch nur gebückt stehen konnte, da der Schlauch zum Duschkopf nicht lang genug war. Wenn man dann fertig geduscht hatte, ging es ans Aufwischen des im Zimmer verspritzten Wassers. Dazu war ein Wischmob und ein Eimer vorhanden. Ein Abfluss, der das ganze Ritual vereinfacht hätte, war nicht vorhanden.
Nachdem wir das erledigt hatten, ging es in den Ortskern. Zuerst einmal zur Postbank, wo ich Geld von meinem Postsparbuch in Forint tauschte. Während dieser Zeit hat Lars erst einmal mit zu Hause telefoniert. Zu diesem Zweck hatte er zuvor zwei Telefonkarten erworben. Als das alles erledigt war, gingen wir zur Touristeninformation im alten Wasserturm von Siófok. Wir wollten uns über Radwege um den Balaton herum informieren, da wir mittlerweile beschlossen hatten, den Balaton in die andere Richtung zu umfahren, d.h. nun entgegengesetzt zum Uhrzeigersinn. Leider konnte uns die Touristeninformation nicht weiterhelfen, da sie uns lediglich einen Fahrradführer für ganz Ungarn verkaufen wollten und nicht mit einer detaillierten Fahrradkarte des Balaton aufwarten konnten. Nachdem dies erledigt war, begann es wieder einmal zu regnen. Im strömenden Regen gingen wir zu einem Restaurant. Dort angekommen wählten wir eine Platte für zwei Personen. Wir mussten feststellen, dass die Bedienung etwas unfreundlich war. Dies war der krasse Gegensatz zu meinem ersten Ungarnurlaub, wo dieses Lokal aufgrund seiner Freundlichkeit unser Stammlokal war.
Als wir für rund 23.- DM ausgiebig gespeist hatten, gingen wir zurück zu unserer Ferienwohnung. Zuvor suchten wir noch den KIS ABC Markt auf, wo wir für das Frühstück am nächsten Morgen das nötigste einkauften. Bier wollten wir dann wieder bei unserer Vermieterin kaufen. Gesagt – getan.
Zurück bei der Ferienwohnung brachte Lars unsere Sachen hoch und ich ging zum Getränkeshop. Die Vermieterin bediente mich erst, um mir, nachdem ich gezahlt hatte, zu sagen, dass es ein Problem gäbe. Zuerst dachte ich, dass es sich um die Ferienwohnung handele. Sie sagte dann aber, dass es um das Auto ginge und führte mich zum Ford. Ich sah dann, was passiert war. Istvan war mit seinem Kleinlaster der Marke Mitsubishi gegen die Fahrzeugfront des Ford gefahren. Er sagte, dass er vergessen habe die Handbremse anzuziehen. Dies klang aber wenig realistisch. Mir wurde zu verstehen gegeben, dass in kurzer Zeit jemand komme, der alles regele. Ich ging daraufhin in unsere Wohnung zurück. Lars hatte während der ganzen Zeit im Treppenaufgang gehockt, um ein Foto von mir zu schießen. Dies tat er dann auch, als ich kam. Er wunderte sich jedoch gleich über meinen finsteren Gesichtsausdruck. Als ich ihm erzählte, was passiert war, wollte er es erst nicht glauben. Wir nahmen dann die Fotokamera mit und gingen zum Auto, um uns den Schaden genau zu besehen. Während wir so an dem Auto standen, kamen immer mal wieder die Vermieter an, um etwas zu erzählen.
Nach einer kurzen Zeit und unzähligen Fotos vom beschädigten Auto kam ein nettes blondes Mädel, das recht gut aussah. Es handelte sich wohl um eine Verwandte, die dolmetschen sollte. Ihr ganzer Beitrag war, dass die Polizei käme und dass das Auto aus versicherungstechnischen Gründen auf der Straße geparkt haben muss. Danach war sie genauso schnell weg, wie sie gekommen war. Schade.
Es dauerte dann noch circa eine halbe Stunde bis ein Polizeibeamter kam. In dieser Zeit tranken wir erst einmal ein Bier. In Ungarn gelten zwar 0,0 ‰, aber wir waren ja nicht gefahren. Außerdem hatten wir schon während des Essens genug getrunken. Als der Polizist dann endlich kam, war ich leicht entsetzt. Man kann sich nicht vorstellen, wie der aussah. Unordentliches Hemd. Der Schlips nur circa 15 cm lang gebunden. Die Uniform total zerknittert. Die Hose durch einen wie John Wayne geschnürtes Pistolenkoppel am Herabrutschen gehindert. Zudem begrüßte er nur unsere Vermieterfamilie. Wir standen unbeteiligt daneben und hörten uns das ausschließlich ungarisch geführte Gespräch an. Die einzigen Worte, die ich verstand war ‘Hungaria’, was ich mit der staatlichen Versicherung verband und ‘Ford-Service’, was ich mit der Werkstatt verband. Dann verabschiedete er sich, ohne einmal das Wort an uns zu richten, und war weg. Ich konnte mir gegenüber unseren Vermietern nicht den Kommentar verkneifen zu fragen, ob er Feierabend habe, was zur allgemeinen Belustigung beitrug. Die bis dahin recht angespannte Beziehung hatte sich mittlerweile etwas gelockert. Die Vermieterin erklärte uns unter Zuhilfenahme eines deutsch-ungarischen Wörterbuches was weiter geschehen würde. Wir müssten am nächsten Morgen um 07:00 Uhr die Hungaria Versicherung aufsuchen und danach zur Ford-Werkstatt weiterfahren. Istvan würde uns die ganze Zeit begleiten und es würden auch immer Leute da sein, die deutsch sprechen würden.
Danach führten wir noch eine Zeit ein ganz unverfängliches Gespräch, in dem Lars abklärte, wo die heißen Quellen seien, die er in seiner Kindheit besucht hatte. Weiterhin mussten wir meinen Ausspruch ‘es ist nun mal passiert, da kann man nichts machen’ erläutern, da er durch die Vermieter nicht gedeutet werden konnte. Nach einiger Zeit und unzähligen falschen Übersetzungen war es uns dann auch gelungen. Nun ging es in die Ferienwohnung zurück. Noch ein letztes Bier, sowie ein bisschen ungarischen Selbstgebrannten und die ersten Partien Backgammon, die Lars fast haushoch gewann, dann ging es gegen 20:30 Uhr ins Bett.
Der Tag, an dem es eigentlich losgehen sollte
Pünktlich um 06:01 Uhr klingelte der Wecker. Wie das Wetter an diesem Tag würde, konnte man nicht genau sagen. Man konnte aber jetzt schon genau sagen, was uns den Tag über erwartete. Zuerst mussten wir mit der Versicherung unseres Unfallgegners klar kommen. Danach mit der Kraftfahrzeugwerkstatt, um eine zügige Autoreparatur zu gewährleisten. Bevor der Tag richtig begann, bin ich erst einmal zum Einkaufsmarkt gegangen und habe Brötchen fürs Frühstück besorgt. Als ich um 06:40 Uhr vom Einkaufen zurückkam, hatten wir Probleme den Gasherd in Betrieb zu nehmen, bis wir feststellten, dass der Haupthahn abgedreht war. Als es dann endlich ans Frühstücken gehen soll, kleckert Lars auch noch mit der Milch rum.
Um 07:00 Uhr wollten wir uns dann eigentlich mit unserem Unfallgegner treffen. Da ich aber meinen Kaffee noch nicht ausgetrunken hatte, verspäteten wir uns um fünf Minuten. Dann ging es zur Hungaria-Versicherung. Dort angekommen, mussten wir erst einmal warten bis die Sachbearbeiterin da war, da wir zu früh bei der Versicherung waren. Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir uns mit unserem Morgenkaffee mehr Zeit gelassen. Als wir dann dran kamen, bekam ich ein Formular zum Ausfüllen. Es war mehrsprachig geschrieben, so dass ich grundsätzlich keine Probleme hatte, es auszufüllen. Probleme gab es nur beim Namen des Unfallgegners, den wir bis dahin nicht kannten. Nachdem dies gelöst war, gaben wir unsere Formulare gemeinschaftlich ab. Ich wurde dann barsch von der Sachbearbeiterin aufgefordert meinen Führerschein, den Fahrzeugschein und die grüne Versicherungskarte auszuhändigen. Da wir nicht genau wussten, was bisher abgesprochen war, hakte ich bei der Aushändigung der grünen Versicherungskarte erst mal nach. Ich hatte ehrliche Bedenken, dass der Unfall im Nachhinein auf unser Verschulden abgerechnet wird. Als die Sachbearbeiterin jedoch das Duplikat nicht behielt, zerstreuten sich meine Zweifel. Von der Sachbearbeiterin kam dann noch der Hinweis, dass ich gar nicht Eigentümer des Autos wäre. Ich erklärte dann, dass das Fahrzeug meiner Ehefrau gehöre. Dies wurde zur Kenntnis genommen, insbesondere nach einem Blick auf meinen Polizeiführerschein. Bei dieser Gelegenheit sah auch unser Vermieter und Unfallgegner erstmals, dass ich bei der Polizei bin.
Nach der Abwicklung der Formalitäten wurde uns erklärt, dass wir nun auf den sachverständigen warten müssten. Wir warten vor der Versicherung auf ihn. Als wir da so rum standen, kamen noch mehrere Personen, die zu der Versicherung wollten. Eine davon stellte sich zu uns dazu, da sie wohl davon ausging, dass wir ebenfalls auf Einlass bei der Versicherung warteten. Nach einer kurzen Zeit bemerkte er seinen Irrtum und ging ins Gebäude. Als dann der Sachverständige endlich kam, ging alles recht schnell. Ein paar Fotos vom beschädigten Auto gemacht. Ein paar ungarische Kommentare und einige Kreuze auf einem ungarischen Formular. Fragen unsererseits konnte der Sachverständige nicht beantworten, da er kein Deutsch sprach. Wir mussten also noch einmal ins Versicherungsgebäude, um alles zu klären. Dies lief dann auch zu unserer Zufriedenheit. Eine Durchschrift des Formulars war in Deutsch und es wurde uns ausgehändigt. Gleichzeitig kopierte die Sachbearbeiterin noch die Schadensanzeige für uns. Als das alles erledigt war, ging es weiter in Richtung Ford-Werkstatt.
Dort trafen wir gegen 08:40 Uhr ein. Als erstes wurde ein linker Scheinwerfer für uns aus dem Lager geholt. Er wies zwar geringfügige Abweichungen auf, wurde aber von uns akzeptiert. Er war lediglich mit einer zusätzlichen Streuscheibe für Fernlicht versehen. Anfänglich dachten die Angestellten der Werkstatt, dass wir nur den Scheinwerfer ersetzen wollten. Als wir ihnen sagten, dass wir das Fahrzeug komplett reparieren wollten, wurde es kurzfristig spannend. Zuerst einmal musste die Farbe organisiert werden. Dazu waren ungefähr fünf Telefongespräche notwendig. Dann wurde und gesagt, dass es machbar wäre. Leichte Unstimmigkeiten gab es dann noch bei der Terminabsprache. Man ging in der Werkstatt davon aus, dass wir das Auto baldmöglichst wieder haben wollten. Erst als wir sagten, dass wir es erst am darauffolgenden Montag zurück bräuchten, beruhigte sich die Lage und man sicherte uns zu, dass das Fahrzeug repariert sein. Nun ging es zur Ferienwohnung zurück. Es war mittlerweile 09:05 Uhr und um 09:30 Uhr sollte unser Zug in Richtung Budapest fahren. Da das Wetter einigermaßen war und wir mit der Werkstatt und der Versicherung zu tun hatten, hatten wir beschlossen den Rest des heutigen Tages für einen Ausflug nach Budapest zu nutzen.
Da der Vermieter wusste, was wir für den heutigen Tag geplant hatten, fuhr es uns in seinem Transporter dementsprechend zur Ferienwohnung zurück. Zu dritt saßen wir auf der vorderen Sitzbank und genossen die vierminütige Fahrt. An der Ferienwohnung angekommen, bot er sich an, uns noch gleich zum Bahnhof zu fahren. Da der aber nicht sonderlich weit weg war, beschlossen wir zu Fuß zu gehen. Noch kurz einige Gegenstände aus den Zimmern geholt und los ging es.
Um 09:18 Uhr trafen wir am Bahnhof ein. Ich stellte mich an, um Fahrkarten zu kaufen, während Lars unseren Bahnsteig in Erfahrung brachte und einige Fotos schoss. Nachdem ich die Fahrkarten erhalten hatte, die übrigens mehr wie ein Einkaufsbon von Realkauf aussahen, eilten wir zum Bahnsteig. Dort kamen wir dann gegen 09:30 Uhr gerade an, als unser Zug nach Budapest eintraf. Im Zug schafften wir es dann sogar noch einen Sitzplatz zu ergattern. Uns gegenüber saß ein älteres Ehepaar, das im Bereich Keszthely ihre Ferien verbrachte. Mit ihnen kamen wir dann ins Gespräch, wobei Lars nun endlich erfuhr, wo die heißen Quellen liegen, die er von seinem damaligen Besuch kannte. Gegen 11:09 Uhr traf der Zug in Budapest Déli Pályaudvar ein.
Von diesem im südwestlichen Teil Budapest gelegenen Bahnhof ist es nicht weit zur ‘Buda’, der Stadtfestung der ungarischen Hauptstadt. Nachdem wir die Gültigkeit unserer Fahrkarten für die Rückfahrt abgeklärt hatten, folgte ein kurzer Anstieg über einige Straßen und Treppen und ein etwas längeres Umrunden der Burgmauer bis zum Erreichen eines Eingangstors der Königsburg. Nachdem man sie durch das Eingangstor betreten hatte, wandelte man die ganze Zeit in den Straßen mit alten Fachwerkhäusern. Lediglich ein Hotel in der Nähe der Matthiaskirche bildete dabei die Ausnahme. Von der Matthiaskirche aus ging es dann am Grab des Königs Istvan vorbei auf die Fischerbastion, dem Bau aus weißem Sandstein, der oberhalb der Donau liegt und die ‘Buda’ in östliche Richtung begrenzt. Hier zahlten wir einige Forint Eintritt, um die Bastion betreten zu dürfen. Nach der Besichtigung der Fischerbastion gingen wir dann zur Zahnradbahn, die uns an die Donau hinunter bringen sollte.
Während wir am oberen Einstiegshaus auf eine Bahn warteten und die Aussicht genossen, wurden wir noch von einem „Touristenführer“ angequatscht, der uns alle möglichen Ratschläge gab. Nachdem wir dann endlich los waren, er suchte uns gleich zweimal auf, fuhren wir dann mit der Zahnradbahn. Unten angekommen, gönnte ich mir noch ein Eis und dann ging es über die Kettenbrücke nach Pest.
Dort bummelten wir ein bisschen durch die Fußgängerzone. Allerdings hier schon immer mit dem Hintergedanken eine Örtlichkeit zu finden, wo wir eine Kleinigkeit zu Mittag essen konnten. Diese fanden wir dann auch nach einiger Zeit. Wir fanden nämlich einen Pizza Hut mit Außenbestuhlung, wo wir Platz nahmen und uns eine Pan-Pizza gönnten. Nach dem Essen blieben wir noch eine Zeit sitzen, um uns die Menschen anzuschauen, die sich in diesem Teil der Fußgängerzone tummelten. Danach ging es dann auf den nächsten Platz, wo gerade für eine Festlichkeit aufgebaut wurde. Von hier aus wollten wir die Metro in Richtung Bahnhof nehmen. Nachdem ich Fahrkarten gekauft hatte, machten wir uns mit dem recht einfachen U-Bahn-System vertraut. Man musste lediglich seinen Zielort kennen und einer Linie zuordnen. Danach folgte man einfach der Farbe der Linie zum entsprechenden Bahnsteig und schon brauchte man nur noch auf eine Bahn warten. Am Bahnsteig angekommen, zählte eine Uhr die Zeit bis zum Eintreffen der nächsten Bahn rückwärts ab. Als unsere Bahn dann kam, quetschten wir uns mit den anderen hinein. Bis zur ersten größeren Umsteigestation gab es für uns keine Möglichkeit umzufallen, da die Bahn sehr gut gefüllt war. Danach leerte sie sich immer mehr. Am Bahnhof Déli Pályaudvar angekommen, waren wir dann schon fast alleine in unserem Waggon. Auf dem Bahnhof informierten wir uns kurz wann und wo der nächste Zug in unsere Richtung ging. Hierbei hatten wir Glück. Unmittelbar nach unserer Ankunft fuhr ein Zug in Richtung Siófok ab.
Nachdem ich noch kurz die öffentliche Toilette besucht hatte, ging es dann gegen 15:10 Uhr zurück in Richtung Siófok, wo wir gegen 16:55 Uhr eintrafen. Gegen 17:10 Uhr waren wir dann zurück in unserer Ferienwohnung, wo ich dann erst einmal ein paar Bier besorgte. Diese waren dann gegen 17:23 Uhr offen und die erste Partie Backgammon begann. Um 19:30 Uhr sind wir dann ins Amigo-Restaurant essen gegangen. Hier waren wir neben einem anderen Pärchen die einzigen Besucher. Zudem wurde mir noch langweilig, da Lars hier wohl die längste Zeit überhaupt auf der Toilette zubrachte. Nach dem Essen, welches ganz passabel war, ging es dann noch bis 22:00 Uhr in den Olive Garden, wo wir noch einen Schlummertrunk zu uns nahmen und den morgigen Tagesablauf besprachen. Gegen 22:10 Uhr lagen wir im Bett und ruhten uns für den nächsten Tag aus.
Endlich Fahrrad fahren
Um 07:05 Uhr sind wir aufgestanden, nachdem ich seit circa 6:00 Uhr wach bin, weil das Kind des Hauses im Garten seit dieser Zeit mit zwei Steinen gegeneinander schlägt. Der Tag zeigte sich ausgesprochen freundlich mit viel Sonnenschein. Nach dem Frühstück, das bis etwa 8:00 Uhr dauerte, benötigten wir noch ein halbe Stunde um unsere Fahrräder zu bepacken.
Um 08:43 Uhr ging es dann endgültig los. Wir hatten vor, dem eingezeichneten Fahrradweg um den Balaton zu folgen. Hierbei handelte es sich um die alte Landstraße, die früher einmal rund um den Plattensee führte. In Siófok war dieser Weg noch recht einfach zu finden. Dies sollte sich im weiteren Verlauf der Tour geben. Nach einem kurzen Stück an der Bahnstrecke Balaton – Budapest entlang, fuhren wir ab Siófok-Sóstó dann direkt am Balaton entlang. Die Strecke war gut zu fahren. Sie war eben und wir hatten leichten Rückenwind, so dass wir gut vorankamen.
In Balatonvilágos legten wir dann die erste Pause ein. Einmal um die Karte zu studieren und zum anderen, damit ich eine Zigarette rauchen konnte. Während unseres Kartenstudiums einigten wir uns darauf am Balatonufer weiterzufahren. Nach circa 2000 Metern trafen wir dann auf den Club Aliga, eine private Hotelanlage, die mit einer beachten Zufahrt versehen ist und an der ehemaligen Landstraße liegt. Der Pförtner wollte uns partout nicht passieren lassen, so mussten wir dann gegen 09:40 Uhr den Weg zurück zur letzten Straßengabelung antreten.
Dort angekommen, erwartete uns eine Steigung von 10 %, um zum Radweg auf der Kuppe des Hochufers zu gelangen. Oben angekommen, wussten wir dann erst einmal wieder nicht, wo es weiter ging. Wir befragten dann zwei Ortsansässige, die uns eine Straße in Richtung Nordosten entlang schickten. Der Straße folgten wir bis zum Ende. Nach einem kurzen Abstecher an die Kante des Hochufers, führte uns unser weiterer Weg über Feldwege. Diese hatten wir intuitiv gewählt, als die Straße endete. Zu unserem Glück hatten wir diesmal recht mit unserer Annahme. Kurz vor Balatonkenese trafen wir auf die Landstraße 71, der wir bis nach Balatonkenese hinein folgten.
Im Ortskern von Balatonkenese begann dann erneut ein Fahrradweg. Zuerst handelte es sich nur um einen halben Meter breiten Gehweg, später wurde er zum Teil straßenbreit. Fast zeitgleich mit dem Fahrradweg begann auch eine Gefällestrecke. Diese kosteten wir ausgiebig aus. Zum Fahren hatten wir zu diesem Zeitpunkt den Geh-/Radweg gewählt. Hierbei stellte sich lediglich das Problem, dass wir bei jeder einmündenden Straße vorsichtig sein mussten. Nicht, weil uns der einmündende Verkehr nicht beachtete, sondern weil der Rinnstein gut 20 Zentimeter hoch war und manchmal nicht abgesenkt war. Nach der kurzweiligen Abfahrt ging es dann auf dem Radwanderweg an der Landstraße 71 entlang in Richtung Balatonfüzfö. Von dort an suchten wir eine Gelegenheit zum Mittagessen.
Ab Balatonfüzfö führte der Fahrradweg durch ein Sumpfgebiet bis Balatonsalmádi. Nachdem wir den Ort durchquert hatten, fanden wir gegen 11:45 Uhr am Ortsausgang eine Gaststätte, wo wir unser Mittag zu uns nahmen. Mittlerweile hatte sich auch das Wetter verändert. Es war kalt geworden und begann leicht zu regnen. Nach dem Essen ging es dann gegen 12:15 Uhr bei leichtem Nieselregen weiter in Richtung Balatonfüred. Wir müssten nun die Landstraße 71 nutzen, um weiter voranzukommen, da der Fahrradweg unvermittelt endete. In der Ortschaft Alsóörs hatten wir keine Lust mehr an der stark befahrenen Landstraße entlang zu fahren. Nach einem kurzen Kartenstudium hatten wir uns für eine Fahrtroute durch das Hinterland entschieden. Hierzu folgten wir zuerst eine Straße in der Ortschaft. Diese führte auf einer Länge von etwas mehr als 2 Kilometern nur bergan und wurde zum Ende hin immer steiler, so dass es ständig anstrengender wurde. Oben angekommen schloss sich eine Linkskurve an und es ging weiter bergan. Hier verfügten wir allerdings nach einem kurzen Stopp wieder über eine bessere Motivation. Dies traf besonders auf meine Person zu. Der weitere Straßenverlauf führte uns nach circa 1,5 Kilometern in die Ortschaft Lavos. Hier folgten wir dann der Beschilderung, da die tatsächliche Straßenführung nicht mit unserer Karte übereinstimmte. Dies hatte jedoch den Makel, dass wir nach einer Abfahrt von 1,5 Kilometern uns auf der Landstraße 71 wiederfanden. Aus unserer Tour durch das Hinterland war somit nichts geworden, so dass wir unsere Fahrt an der Landstraße fortsetzten.
Kurz vor Balatonfüred zerrte dann das mittlerweile schlechte Wetter und die bisherige Strecke an mir. An einer Steigung wurden Lars und ich zeitweise getrennt. Zudem wurden wir hier noch von zwei Mountain-Bikern auf ihrem Weg nach Balatonfüred überholt. Zu unserem Trost fuhren diese allerdings ohne Gepäck. Gegen 13:20 Uhr trafen wir dann endlich in Balatonfüred ein. Als letztes hatten wir noch eine sehr gute Abfahrt bis zum Hafen vor uns. Dort angekommen, machten wir uns dann nach einer Pause ab 13:45 Uhr auf unsere Zimmersuche.
Nach einem kurzen informatorischen Gespräch in einer Zimmervermittlung blieb uns nichts anderes übrig, als den Ort abzufahren, um ein Zimmer zu finden. Hierzu mussten wir zuerst die Steigung, die wir gerade heruntergekommen waren, wieder hinauf. Es war mörderisch und ich schaffte es nur schleichend im kleinsten Gang. Auf der Bergkuppe angekommen, sahen wir einige Hinweisschilder auf Zimmervermietungen. Nach einigen Fehlversuchen hatten wir dann endlich Glück. Unsere Fahrräder stellten wir, nachdem wir sie abgerüstet hatten, in der Garage unter.
Danach wurde kurz geduscht und auf den nahen Markt gegangen, um etwas zu bummeln. Auf dem Markt besuchten wir noch kurz ein Lokal, wo wir etwas tranken und Lars eine warme Suppe aß. Bevor wir dann den restlichen Nachmittag gammelten und lasen, kauften wir noch in einem nahen Supermarkt Getränke und Müsliriegel. Gegen 17:45 Uhr sind wir dann Essen gegangen. Hierzu wählten wir das Lokal gegenüber unserer Unterkunft aus. Dort nahmen wir, wie fast immer eine Zwei-Personen-Platte zu uns und tranken einige Bier.
Gegen 19:45 Uhr waren wir wieder auf unserem Zimmer und sahen fern, gammelten und lasen, bis wir gegen 21:30 Uhr ins Bett gingen. Hierzu bleibt anzumerken, dass es schwierig war, sich in dem Zimmer aufzuhalten, da ein Doppelbett fast das gesamte Zimmer ausfüllte und noch nicht einmal genug Platz war, um sich zu drehen. Als Ausgleich war das Zimmer jedoch mit einem Balkon ausgestattet. Dieser hatte eine Grundfläche von circa 30 x 50 Zentimeter und war noch nicht einmal geeignet, um sich zum Rauchen hinauszustellen. Man muss allerdings der Fairness halber sagen, dass das Zimmer für die Verhältnisse in Balatonfüred billig war, so dass wir diesbezüglich äußerst genügsam waren.
Der Anfang vom Ende
Heute haben wir endlich einmal ausgeschlafen und sind erst gegen 07:30 Uhr aufgestanden. Danach haben wir unsere Taschen gepackt und in der Küche der Pension unser Frühstück zu uns genommen. Um 08:30 Uhr begannen wir dann die Fahrräder zu bepacken und uns fahrfertig zu machen. Hierbei passiert Lars noch ein kleines Missgeschick, indem er sich den Reißverschluss seiner linken Nierentasche an seinem Radfahrtrikot ausreißt.
Gegen 09:00 Uhr war es dann endlich geschafft und wir waren wieder unterwegs. Unser Weg führte uns über den Radweg nach Tihany, der Halbinsel, die am Nordufer in den Balaton hineinragt und die schmalste Stelle des Balaton markiert. Auf unsrem Weg dorthin ging es an einer alten Schiffswerft vorbei und dann über eine kleine Landstraße am Ufer der Halbinsel weiter. Hier wurde der Radweg links neben der Straße geführt und war circa 50 Zentimeter breit. Zudem war er mit Platten gepflastert und mit Baumwurzeln durchsetzt, so dass das Fahren dort eine Quälerei war – insbesondere für das Hinterteil. Zudem musste man ständig die Füße von den Pedalen heben, um sich abfangen zu können, wenn man das Gleichgewicht verlor. Als zusätzliches Martyrium kam nun noch das Wetter hinzu. Es war stark bewölkt und windig. Gott sei Dank jedoch kein Regen, bis dahin.
Gegen 09:30 Uhr erreichten wir dann die eigentliche Ortschaft Tihany mit ihren Klosteranlagen, die wir nach einem kurzen Anstieg besichtigten konnten. Nach der Besichtigung der Klosteranlagen suchten wir uns ein Lokal, wo wir eine Kleinigkeit zu uns nahmen, um für die weitere Fahrt gestärkt zu sein. Wir saßen bei Sonnenschein auf der Terrasse des Lokals und genossen diese, obwohl es immer noch recht windig war. Nach der kleinen Mittagsmahlzeit begann unsre Odyssee auf der Halbinsel Tihany. Nach eingehendem Kartenstudium hatten wir uns vorgenommen, das südliche Ende der Halbinsel anzufahren und dann einen Rad-/Wanderweg an der Westseite zurückzufahren. Hierzu fuhren wir zuerst in Richtung „Goldenes Haus“. Von dort an wurde der weg immer schlechter. Als wir die Bergkuppe erreichten, war es nur noch ein lediglich 50 cm breiter Trampelpfad. Dennoch versuchten wir die Abfahrt in Richtung Südspitze. Nach circa 200 Metern gaben wir jedoch auf, da es aufgrund des feuchten Bodens zu gefährlich schien.
Dadurch konnten wir auch nicht den Weg am Westufer erreichen und wir beschlossen, über die Landstraße im Landesinneren zurückzufahren. Hierzu ging es wieder den Berg zur Ortschaft Tihany hinauf. Danach folgte laut Karte eine Abfahrt in Richtung Landesinnere, auf die wir uns schon freuten. Doch zu früh gefreut. Oben angekommen, begann es zu regnen und der Wind verstärkte sich, so dass wir sogar auf unserer Abfahrt treten mussten, um voran zu kommen. Nach der Abfahrt stießen wir wieder auf die Landstraße 71. Das Fahrradfahren auf ihr war nicht gerade angenehm. Starker Wind und Regen reichten eigentlich schon aus, aber es kamen noch die Kraftfahrzeuge hinzu, die mit einem recht geringen Seitenabstand an uns vorbeifuhren. In der Ortschaft Aszófö war’s dann endgültig vorbei. Bei einer Pause in einem Bushaltestellenhäuschen beschlossen wir, unseren eigentlichen Plan, den Balaton zu Umfahren, aufzugeben und stattdessen kurze Tagestouren zu fahren. Zu diesem Zweck wollten wir nach Balatonfüred zurückfahren und von dort mit der Fähre nach Siófok übersetzen. Um nach Balatonfüred zu gelangen, wollten wir nicht wieder an der Landstraße 71 entlang fahren. Wir einigten uns darauf, durch das Hinterland zu fahren. Zu diesem Zweck mussten wir in den Ort Aszófö hineinfahren und von dort weiter nach Balatonfüred. Im Ortskern kamen wir natürlich eine Gabelung der Straße und wussten nicht mehr weiter. Erst nachdem wir einen älteren Ortsbewohner befragt hatten, die Verständigung klappte mehr schlecht als recht, wussten wir den richtigen Weg und setzten unsere Tour fort.
Auf einer ruhigen Landstraße ging es weiter. Zwischenzeitlich kam sogar mal die Sonne raus, so dass wir unseren Entschluss bezüglich der Rückfahrt zur Ferienwohnung fast bereuten. Kurz vor Balatonfüred erreichte uns jedoch wieder unser übliches Wetter – Regen. Auf der Abfahrt zum Fähranleger in Balatonfüred war es stark am Regnen, so dass wir bei der recht steilen Abfahrt recht vorsichtig fuhren, um nicht zu stürzen. Wie wir später feststellten, war die Differenz zwischen den Höchstgeschwindigkeiten vom vorigen und vom heutigen Tag jedoch nicht so groß. Sie lag bei etwas über 4 Km/h, wobei wir am heutigen Tag eine Höchstgeschwindigkeit von 44,4 Km/h erreicht hatten. Von Balatonfüred ging es dann mit der letzten Fähre zurück.
Die Überfahrt verlief relativ ereignislos – jedenfalls aus meiner Sicht. Es war zwar wellig, aber die Fähre fuhr ja. Es war die letzte an dem Tag, wie wir später feststellten. Der Fährbetrieb wurde auf Grund des schlechten Wetters eingestellt. Lars hatte sich in die Kabine zurückgezogen. Ich dagegen genoss die Schifffahrt. In Siofok angekommen ging es dann gleich wieder zur Ferienwohnung. Schnell noch nach dem Duschen eingekauft und dann haben wir einen gemütlichen Abend im Trockenem verbracht. Bei Backgammon und Bier besprachen wir dann, wie wir die weiteren Tage verbringen wollten.
Die Tage ohne Tour
Es folgte dann am nächsten Tag erst einmal die Sorge um das hoffentlich reparierte Auto. Bei der ersten Nachfrage nach dem Pkw in der Werkstatt teilte man uns mit, dass es ein Problem geben würde. Man hätte lediglich ein abweichendes Scheinwerfergehäuse bekommen. Ansonsten sei alles soweit fertig. Mit dem Einbau des Gehäuses stehe das Auto am nächsten Tag zur Abholung bereit. Wir gönnten uns einen Gammeltag und besprachen mit dem Vermieter, dass er uns am nächsten Tag zur Werkstatt fährt. Gesagt, getan.
Am Morgen des nächsten Tages erhielten wir den Pkw zurück – und alles war okay. Den Nachmittag nutzten wir dann um eine Fahrradtour durch das südliche Hinterland von Siofok zu machen. Auf Feld- und Waldwegen ging es durch die leichten Hügel. Leider war es derart windig, dass die Tour selbst keinen richtigen Spaß machen wollte. So waren wir dann froh, als wir wieder zurück waren.
Da das Hinterland keine reizvollen Touren bot, suchten wir uns für den nächsten Tag noch einmal die Halbinsel Tihany als Ziel aus. Diesmal wollten wir jedoch, auch unter Rücksicht auf Lars, nicht die lange Fährverbindung nach Balatonfüred nutzen, sondern die Pkw-Fähre von Szantodrev nach Tihanyrev. Die Verbindung war kürzer und damit billiger. Außerdem handelte es sich nicht um eine reine Personenfähre, was den Einstieg mit den Fahrrädern einfacher gestaltete. Auf der Halbinsel Tihany ging es dann über mehrere Kilometer kreuz und quer. Zeitweise waren es in dem Dickicht unbefestigte Trampelpfade, auf denen wir uns bewegten.
Als wir genug mit dem Fahrrad gefahren waren, ging es mit der Fähre zurück. Die Strecke von Szantodrev ging es dann nach Siofok zurück. Hierbei kamen das erste Mal richtige Hochgefühle auf. Sonnenschein, Rückenwind und ein vernünftiger Untergrund gestalteten die letzte Strecke sehr angenehm.
Den Abend verbrachten wir dann wieder mit Backgammon und dem Leiterspiel. Backgammon kam bald für mich nicht mehr in Frage, da sich das Gewinnen gegen Lars äußerst schwierig gestaltete. Selbst klare Vorsprünge reichten mir gegen Lars sein Würfelglück nicht aus. Dies führte dann dazu, dass wir häufiger das Leiterspiel oder Mühle zur Entspannung spielten.
Der letzte Urlaubstag
Für den letzten Tag hatten wir uns noch einmal ein Highlight ausgesucht. Da das Auto wieder zur Verfügung stand, wollten wir einen Trip in Puszta machen. Als Ziel war mir die Bugaci Puszta noch bekannt. Da es noch keine Navis gab, mussten wir mit Karte navigieren und nach anfänglichen Problemen den Ort wiederzufinden, gelang es dann doch. Den Aufenthalt in der Puszta genossen wir und machten die obligatorische Wanderung zum Puszta-Hof. Danach gönnten wir uns noch die Molle in dem Restaurant, bevor es dann in die Ferienwohnung zurückging.
Dort angekommen, stand nur noch die Bezahlung der Wohnung auf dem Programm. Diese lief typisch ungarisch ab. In der Küche, bei selbstgebranntem Schnaps und Wein, wurde der Betrag für die Wohnung entrichtet. Natürlich erhielten wir noch einen großzügigen Abzug für die Unannehmlichkeit mit dem Unfall. Dagegen stand unsere offene Rechnung aus dem Minimarkt der Familie, die ebenfalls noch beglichen werden musste.
Die Rückfahrt
Am frühen Morgen ging es dann wieder zurück in Richtung Deutschland. Nachdem alles im Auto verstaut war und die Fahrräder wieder im Träger untergebracht waren, verabschiedeten wir uns von der Vermieterin. Ein angebotener Schnaps wurde diesmal auf Grund der bevorstehenden Autofahrt abgelehnt. Die Strecke bis zur Grenze verlief ereignislos. Unmittelbar vor der Grenze, in dem aufgebauten Geschwindigkeitstrichter, dann die Frage „sind wir gerade geblitzt worden?“. Fast zeitgleich wurden wir auch schon angehalten. Dreist wies ich mich mit meinem Dienstausweis aus, was uns eine Verwarnung ersparte. Danach verlief die Fahrt ruhig weiter. Wir versuchten uns an die Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten, um derartige Erlebnisse nicht noch einmal zu haben. In Deutschland dann kündigten wir uns telefonisch bei Elli an. Hier erfuhr ich dann, dass mein zuvor geklautes Fahrrad wohl wieder da sei. Die Polizei hatte sie darüber informiert. Später stellte sich heraus, dass es tatsächlich so war.
Gegen Abend waren wir dann wieder zurück. Schnell wurde Lars in Sorsum abgeliefert und noch eine kurze Unterhaltung mit seinen Eltern gehalten, dann ging es weiter nach Hannover.
Fazit
Aus der Tour zogen wir mehrere Rückschlüsse. Für mich persönlich war ein Umstand, den ich nicht richtig einsortieren konnte, nämlich dass ich nun zwei hochwertige Fahrräder hatte. Am Wichtigsten war jedoch, dass wir für zukünftige Touren lieber einen Ausgangsort wählen und von dort aus Touren starten, da die Fahrten mit Packtaschen nicht wirklich toll waren.
Datum | DST | TRP | TIME | AVS | Vmax |
04.09.1996 | 16 | ||||
05.09.1996 | 78 | 62,36 | 03:25:49 | 18,2 | 48,7 |
06.09.1996 | 107 | 29,08 | 01:47:03 | 16,3 | 44,4 |
08.09.1996 | 141 | 34,04 | 01:48:56 | 18,7 | 56,8 |
09.09.1996 | 179 | 37,93 | 02:00:35 | 18,9 | 65,3 |
Gesamt | 163 | 163,41 | 09:02:23 |